Dienstag, 5. September 2023

Decolonizing Auschwitz?

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Decolonizing Auschwitz? – Über blinde Flecken in der postkolonialen Holocaustforschung

Online-Vortrag von Dr. Steffen Klävers

Seit der Jahrtausendwende gibt es intensive Diskussionen über die Frage nach dem Verhältnis von Kolonialismus und Nationalsozialismus, seit 2021 wird sogar immer wieder von einem „Historikerstreit 2.0“ gesprochen. Die relativ jungen postkolonialen Ansätze in der Erforschung des Holocaust setzen die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen in Beziehung zu den kolonialen Genoziden und Gewalttaten. Sie postulieren strukturelle und ideologische Gemeinsamkeiten und werfen den bisherigen Forschungen Eurozentrismus und Unzeitgemäßheit vor. Zudem behaupten sie, dass der Nationalsozialismus nur im Kontext der europäischen und speziell der deutschen Kolonialgeschichte korrekt verstanden werden könne.

Der Literaturwissenschaftler und Antisemitismusforscher Dr. Steffen Klävers benennt in seinem Buch „Decolonizing Auschwitz?“ gravierende Mängel und blinde Flecken in diesen Theorien. Sie verwischen die grundlegenden Differenzen zwischen kolonialem Rassismus und dem „Erlösungsantisemitismus“ (Saul Friedländer) als nationalsozialistische Kernideologie. Das Verständnis des Nationalsozialismus als Kolonialregime führt auch immer wieder dazu, dass in der postkolonialen Holocaustforschung Judenfeindschaft nicht ernst genug genommen wird und Israelhass gedeiht.

▪ Warum ist Antisemitismus etwas anderes als Rassismus?

▪ Weshalb kann nicht von einer Kontinuität von den Verbrechen in den deutschen Kolonien zur Schoa gesprochen werden?

▪ Wieso war der Holocaust präzedenzlos und was unterscheidet ihn von anderen Gewaltverbrechen in der Moderne?

▪ Warum kommt es in den postkolonialen Theorien immer wieder zu antisemitischen und antizionistischen Positionen?

▪ Wie kann die notwendige Aufarbeitung des Kolonialismus gelingen, ohne den Judenhass und die Schoa zu relativieren?

Über diese und andere Fragen werden wir an dem Abend mit dem Experten Steffen Klävers sprechen.

Dr. Steffen Klävers (geb. 1983) ist Bildungsreferent beim Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus in Berlin. Nach dem Studium der Allgemeinen und Vergleichenden Literatur- und Kulturwissenschaft, Anglistik und Philosophie an der Universität Göttingen wurde er 2017 mit "Decolonizing Auschwitz?" am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin promoviert. 2022 erschien der Aufsatz "Paradigm Shifts – Critical Reflections on the Historikerstreit 2.0, the Catechism-Debate, and their Precursors". Im September 2023 erscheint sein Aufsatz "Postkoloniale Holocaustdeutungen und der Historikerstreit 2.0" in dem Sammelband "Erinnern als höchste Form des Vergessens? (Um-)Deutungen des Holocaust und der ,Historikerstreit 2.0'“. Er schreibt u. a. für „Jungle World“ und viele andere Print- und Online-Publikationen.

Foto: © privat

Deutscher Koordinierungsrat (DKR)
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Generalsekretärin Ilona Klemens
Organisator*in
Jhg. 1965, Studium der Evang. Theologie in Mainz, Bonn u. München. Master of Theology (Th.M.) in Religions-und Missionswissenschaft an der Lutheran School of Theology, Chicago USA (1992/93). Weitere Studienaufenthalte in Israel (1989) und Libanon (2005). 1995 bis 1998 Gemeinwesen – und Anti-Rassismusarbeit in Südafrika. 5 Jahre Gemeindepfarrerin in Frankfurt, dann von 2003 bis 2016 Pfarrerin für Interreligiösen Dialog in Frankfurt, im Rahmen dieser Tätigkeit u.a. Initiatorin und Geschäftsführerin des Frankfurter Rates der Religionen sowie Evang. Vorsitzende der dortigen GCJZ, Vorstandsmitglied der Bildungsstätte Anne Frank (bis heute). 2016 bis 2019 Hochschulpfarrerin an der Evang. Studierendengemeinde (ESG) in Mainz. Seit 1.12.2019 Generalsekretärin des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und Geschäftsführerin der Buber-Rosenzweig Stiftung.
Di, 5. September 2023
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